Werkbahnen im Raum
Aachen
- Eschweiler -
52229 Eschweiler-Aue, ESW Röhrenwerke GmbH, Auestr. 25
1914 wurde durch die Eschweiler- Ratinger
Maschinenbauaktiengesellschaft (ERMAG) mit der Fertigung von nahtlosen
Stahlrohren am Standort Eschweiler begonnen. Die ERMAG wurde 1924 durch den
Eschweiler Bergwerksverein (EBV) übernommen und seiner Hüttenabteilung als Werk
"ERMAG" eingegliedert. Dem EBV gehörten zu diesem Zeitpunkt die stahlerzeugende
Concordia-Hütte, das Walzwerk Aue und das Rohrwerk ERMAG.
Im zweiten Weltkrieg wurde das Stahlwerk Concordia so stark zerstört, dass es
nicht wieder aufgebaut wurde. Auf dem Gelände entstand ein Elektrostahlwerk, das
ab 1957 aus Schrott Stahl produzierte.
Hier wurden Stranggussteile, sogenannte Stahlknüppel, die bis heute das Ausgangsmaterial für die
Herstellung der Rohre darstellen, geschmolzen.
1982 wurde das Röhrenwerk durch die Umstellung vom Pilgerwalzverfahren auf die heute noch angewandte Technik des Drei-Walzen-Planetenschrägwalzwerkes (PSW) vollständig modernisiert. Das PSW-Verfahren ermöglicht, dünn- und dickwandige Nahtlosrohre in breitem Abmessungsbereich und in großen Längen in einer Hitze zu erzeugen.
Zum 1. Januar1984 verkaufte der EBV die Hüttenbetriebe an die Maxhütte, Sulzbach-Rosenberg,
die wiederum eine Tochtergesellschaft der "Klöckner-Werke AG" war und
erwarb gleichzeitig 15% Anteile an der Maxhütte. Mit der Übergabe
der Hüttenbetriebe verpflichtete sich die Maxhütte 500000 Tonnen Koks vom EBV
abzunehmen.
Die Klöckner-Werke AG hatte mehr Stahl produziert, als es die EG-Quote erlaubte.
Um sich der Quote anzunähern und einer Strafe zu entgehen, sollten die Betriebe
in Eschweiler-Aue mit dem Ziel der Stilllegung übernommen werden. Noch im
gleichen Jahr wurde das Bandstahlwerk stillgelegt, das Werk demontiert und an
die Volksrepublik China verkauft. Zwei Jahre später, 1986, wurde trotz heftiger
Proteste das Elektrostahlwerk stillgelegt und demontiert. Somit war von den
einstigen Hüttenbetrieben nur das Röhrenwerk übrig geblieben.
Am Karfreitag 1987 traf die Nachricht vom Konkurs der Maxhütte die Mitarbeiter des Röhrenwerkes sowie die Stadt Eschweiler gänzlich unerwartet. Aber die Mitarbeiter kämpften um ihr modernes Werk. So bildeten der Leiter des Werkes, Herr Lenzen, Herr Dr. Woldt, Gutachter beim Land, Herr Hintzen, Spediteur des Röhrenwerkes, und der damalige Bürgermeister der Stadt Eschweiler und vormaliger Betriebsvorsitzender in den EBV-Hüttenbetrieben, Herr Wagner, die ESW Röhrenwerk GmbH. Dieser wurde das Werk vom Sequester nach Zusage einer Landesbürgschaft seitens der Landesregierung überschrieben., der das Werk vom Sequester überschrieben wurde. Entscheidend waren finanzielle Hilfen seitens der Landesregierung in Form einer Landesbürgschaft.
Der Betrieb teilt sich auf das obere Werk mit dem Blocklager und dem Blockschneidewerk und das unten im Tal liegende Röhrenwerk auf.
In beiden Betriebsteilen fand Werkbahnverkehr
statt. Vom Stolberger Hbf kommend wurden bis 2018 Wagen mit Stahlknüppeln
nach Eschweiler Aue angeliefert. Diese wurden von einem
Zweiwege-Rangierfahrzeug über eine große Steigung mit zwei Spitzkehren in den
oberen Werkteil befördert und dort entladen und zerteilt. Da immer nur maximal drei Wagen
befördert werden konnten, waren nach Anlieferung der Stahlknüppel mehrere
Rangierfahrten nötig.
Der Transport
der zerteilten Stahlknüppel vom oberen ins untere Werk erfolgte per Lkw. Im unteren Werkteil wurden
die fertig gestellten Rohre zur Abholung durch die Lok 2 bereit gestellt.
Zum Erreichen des oberen Werkteils per Bahn muss die Inde gequert werden.
Der schlechte Zustand der Indebrücke führte jedoch dazu, dass seit Anfang 2018
die Anlieferung der Stahlknüppel nicht mehr per Bahn auf den Werkbahngleisen
erfolgen konnte. Zunächst wurden übergangsweise die Stahlknüppel im ehemaligen
Bezirk V des Stolberger Hauptbahnhofes entladen und anschließend per LKW nach
Eschweiler Aue transportiert. Zwischenzeitlich wurde am Bahnhof Eschweiler Aue eine neue
Verladestelle für das Eschweiler Röhrenwerk geschaffen. Hier werden seit Januar
2019 die bereitgestellten Wagen mit den Stahlknüppeln mittels eines schweren
Gabelstablers entladen.
Bereits seit Ende Juni/Anfang August 2018 hatte die Lok 2 der Röhrenwerke, bei
der die Fristen bereits am 19.03.2016 abgelaufen waren, ihren Platz im Werk
verlassen und stand einige Zeit jenseits des Bahnüberganges Phoenixstraße auf
dem Zufahrtsgleis zum Werk abgestellt. Zwei Fotos vom 20.01.2019 sind am Ende
dieser Seite zu finden. Mittlerweile wurde die Lok wieder ins Werk
zurückgebracht.
Am 13.11.2019 berichteten die
Aachener Nachrichten, dass die ESW-Röhrenwerke im kommenden Jahr schließen
werden. Mit dem Schließen des letzten Stahl verarbeitenden Unternehmens wird in
Eschweiler ein großes Kapitel der Stück Industriegeschichte enden.
Die
Corona-Krise beschleunigte die Schließung, denn zum 01.04.2020 wurden mit
sofortiger Wirkung die verbliebenen Mitarbeiter freigestellt und das Werk
geschlossen. Lok 2 wurde zum Verkauf ausgeschrieben.
Obwohl das Werk nun
seit über 2 Jahren geschlossen ist, konnte der Eisenbahnfreund Roland Keller die
Lok am 06.06.2022 in der Werkhalle abgestellt sichten.
Update:
01.06.2022: Die Ferraro Group
vermeldete, dass sie das ca. 72.000 qm große Gelände der ehemaligen
ESW-Röhrenwerke erworben hat und zu einem Gewerbe- und Logistikstandort
umgestalten mächte.
16.07.2023: In der Halle des Geländes konnte ich
heute die abgestellte Lok 2 erkennen. Ihre Zukunft erscheint jedoch ungewiß.
Nummer |
Bauart |
Hersteller |
Fabriknummer |
Baujahr |
Typ |
Geschichte |
Nr 1 |
Bd |
Ruhrtaler |
3454 |
1957 |
ND200.ÖV |
08.04.1957
geliefert an Eschweiler Bergwerks-Verein, |
Nr 1´ |
B-dh |
Henschel |
29708 |
1958 |
DH 240 |
14.11.1958
geliefert an Preußen Elektra, Hannover |
Nr 2 |
B-dh |
Henschel |
30866 |
1963 |
DHG 240 |
12.11.1963 geliefert an Eschweiler Bergwerks-Verein,
|
Nr 3 |
B-dh |
Henschel |
31095 |
1965 |
DHG 240 |
11.10.1965
geliefert an Eschweiler Bergwerks-VereinEschweiler- Aue als "EBV 3" |
|
B-dh |
Henschel |
29778 |
1960 |
DH 240 |
19.05.1960 geliefert an Dillinger Hüttenwerke,
|
Zweiwege- |
UCA |
UT1 167 557 |
2005 |
UCA-TRAC |
2007 => ESW Röhrenwerke GmbH, Eschweiler (04.2008 i.E.) Verbleib unbekannt |
Dieses Bild aus der Sammlung von Richard A. Bowen zeigt die Henschel 31095/1965 am 25.05.1974, die als Lok 3 in Eschweiler Aue eingesetzt wurde.
Auf diesem Bild aus dem Jahr 1981 sehen sie ehemalige Lok 1 (Ruhrtaler 3454/1957), die leider 2004 dem Schneidbrenner zum Opfer fiel.
Am 08.05.1981 begegnete Richard Bowen die Lok 2 (Henschel 30866/1963), ...
... derweil wurde an der Lok 3 eine Revision durchgeführt.
Auf Bundesbahngleisen konnte Axel Heumisch am 14.05.1982 die Lok 2 bildlich festhalten.
Im Juli 1986 war die Lok 2 unter neuer Regie unterwegs, die Maxhütte hatte die Werke in Eschweiler Aue übernommen.
Erst 1992 kam die Henschel 29708/1956 zu den ESW und wurde
dort als Lok 1 am oberen Werkteil eingesetzt.
Das Bild entstand am 04. August 2003.
Letztmalig im Betrieb sah ich die Lok, die durch einen "Eisenbahnfreund" ihres Sternes beraubt wurde, am 25.07.2007. Hier erreicht sie die erste Spitzkehre .
Es bahnte sich allerdings Unheil an, denn zur Erprobung stand dieses Rangiergerät bereit. (25.07.2007)
Bei meinem nächsten Besuch, am 17.04.2008 stand die ESW 1 mit Motorschaden abgestellt auf einem Nebengleis. Die Ablösung in Form eines Zweiwegefahrzeuges der belgischen Firma UCA hatte den Rangierbetrieb genommen. Eingesetzt wird ein Fahrzeug vom Typ UCA-TRAC RB 16. Das Bild zeigt das Fahrzeug vor Rungenwagen, bei den gerade Stahlknüppel entladen werden. Im Hintergrund die abgestellte ESW 1.
Hier müht sich das neue Rangiergerät ab, einen mit Stahlknüppeln beladenen Wagen in den oberen Werkteil zu befördern.
Die mit Motorschaden abgestellte Henschel 29708
Zwischenzeitlich hatte die ESW 1 eine neue Heimat bei den Eisenbahnfreunden Grenzland in Aachen-Walheim gefunden. Am 09.06.2013 konnte ich die Lok beim Bahnhofsfest fotografieren.
Doch die Hoffnungen, dass die Lok erhalten bleibt,
zerschlugen sich. Sie diente als Ersatzteilspender für ihre Schwesterlok des
Vereins "DBK Historische Bahn e.V. " in Crailsheim.
Mein letztes Bild der lok
entstand am 02.09.2015.
Am 20.01.2019 konnte ich die Lok 2 am Zufahrtsgleis zum unteren Werkteil aufnehmen. Bereits seit Ende Juli/Anfang August 2018 wurde die Lok aus dem Werk gebracht und an diesem Platz abgestellt.
Die Fristen der Lok waren bereits am 19.03.2016 abgelaufen. Mal sehen, welcher Zukunft diese Lok entgegen sieht.
weiterführender Link:
Die
Zahnradlokomotiven des Eschweiler Bergwerksverein
Literatur:
[1]
Oskar Stegemann, Hundert Jahre Eschweiler Bergwerks-Verein
[2] Daniel Salber, Das Aachener Revier, Verlag Schweers + Wall,
1987
[3] Hans
Jakob Schaetzke, Vor Ort, Eschweiler Bergwerks-Verein, Geschichte und
Geschichten eines Bergbauunternehmens im Aachener Revier